AgriPV: wirtschaftliche Potenziale für integrierte Photovoltaik auf landwirtschaftlichen Flächen

 

Partnerschaft

Die Zusammenarbeit zwischen dem GIS-GR und der IZES gGmbH (Institut für ZukunftsEnergie- und Stoffstromsysteme) hat zur Erstellung von mehreren Karten zur Bewertung des Potenzials der integrierten Photovoltaik in der Großregion geführt.

Zielsetzung

Im Rahmen des Interreg-Projektes „PV follows function“ wurden die technischen sowie die wirtschaftlichen Potenziale durch Nutzung integrierter Freiflächenphotovoltaik auf Agrar-flächen (Agri-PV) in der Großregion berechnet. Das Ziel war einerseits die gesamten Potenziale der Stromerzeugung durch integrierte PV-Anlagen am Beispiel bifazialer, senkrecht aufgeständerter Module aufzuzeigen und andererseits Agrarflächen für Potenziale der Agri-PV, die unter den derzeitigen Rahmenbedingungen rentabel genutzt werden können, zu identifizieren. Zusätzlich zu den technischen und ökonomischen Aspekten wurden auch die rechtlichen Aspekte untersucht.

Definition des Agri-PV Potentzials

Bei den hier betrachteten Potenzialen handelt es sich um die Ergebnisse einer GIS-gestützten Bewertung von Flächen nach zuvor definierten Ausschlusskriterien. Wie viel des Potenzials davon tatsächlich erschlossen werden kann, hängt wesentlich von aktuellen und sich künftig wandelnden politischen und/oder energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen ab, auf die in dieser Untersuchung nicht näher eingegangen wird.

Das technische Potenzial der vertikalen AgriPV wurde für Grün- und Ackerland zunächst aus den geografischen Gegebenheiten der als geeignet angesehenen Flächen abgeleitet. Dabei handelt es sich um Flächen, deren Neigung nicht mehr als 20o beträgt und die außerhalb von Hochwasser- und Waldsaumgebieten liegen (für die genaue Vorgehensweise s. Kap. 2.2 des Kurzberichts). Wegen der stromführenden Teile einer PV-Anlage müssen Hochwassergebiete ausgeschlossen werden. Gebiete, die einen Abstand von weniger als 100 m zu Waldsäumen aufweisen, werden aufgrund möglicher Verschattungen gleichfalls ausgeschlossen. Zudem soll das Gefährdungsrisiko der PV-Anlage durch umstürzende Bäume durch diese Abstandsregel verringert werden.

In einem zweiten Schritt werden die verbleibenden Flächen nochmals priorisiert, um ein mögliches, wirtschaftlich erschließbares Potenzial für Agri-PV abzuleiten. Dafür sollte eine Fläche mindestens eine Größe von 10 ha aufweisen (Erfahrungswert bzgl. der Rentabilität von einem Anlagenbauer), und es sollten dort keine Pflanzen (wie zum Beispiel Mais) angebaut werden, die aufgrund ihrer Wuchshöhe die Modulflächen verschatten.

Aus dieser zweistufigen Priorisierung ergibt sich ein Flächenpotenzial, auf dem Agri-PV-Anlagen nach Einschätzung der Autor*innen aktuell wirtschaftlich betrieben werden können. Im Einzelfall sollte die Wirtschaftlichkeit jedoch für jedes geplante Projekt separat bewertet werden, da im Einzelfall speziell die Kosten von den hier getroffenen Annahmen (zum Beispiel durch zusätzliche Kosten für den Netzanschluss) abweichen und damit zu einem nicht wirtschaftlichen Ergebnis führen können.

Neben den genannten Ausschlussfaktoren wurden auch Kriterien einbezogen, die sich aus der Betrachtung unterschiedlicher Arten von Schutzgebieten ergeben. Diese wurden von den Autor*innen in verschiedene Eignungsstufen bezüglich der Errichtung von Agri-PV-Anlagen eingeteilt (s. dazu Kap. 4 des Kurzberichts).

Die für die Errichtung von Agri-PV technisch und wirtschaftlich geeigneten Flächen standen bestimmte rechtliche Restriktionen entgegen. Abhängig von den aktuellen rechtlichen Rahmenbedingungen wurden daher die Flächen in vier Kategorien unterteilt:

Nach der Auswahl der Flächen wurden die PV-Potenziale über die potenzielle Leistung und den jährlichen Stromertrag mit Hilfe eine Simulation (siehe Kapitel 2.2.4 des Kurzberichts) für jede einzelne Agrarfläche berechnet. Die Ergebnisse wurden zur besseren Darstellbarkeit auf verschiedenen Ebenen aggregiert. Hierzu wurden Karten des wirtschaftlichen Potenzials von Agri-PV auf folgenden Gebietsebenen erstellt:

  • Gemeinden
  • Kreise (DE), Arrondissements (BE und FR) und Kantone (LU)
  • NUTS2-3 Ebene

Das luxemburgische Ministerium für Energie und Raumentwicklung hat im Oktober 2022 eine Ausschreibung zur Förderung von Agri-PV-Pilotanlagen auf den landwirtschaftlichen Flächen organisiert. Die Photovoltaikprojekte sollen eine landwirtschaftliche Produktion auf der Fläche weiterhin gewährleisten und gleichzeitig die Biodiversität (Flora) fördern. Die Projekte werden über eine Marktprämie über einen Zeitraum von 15 Jahren gefördert. Es wird darauf hingewiesen, dass die auf den großregionalen Karten priorisierten Flächen und die ermittelten Potentiale auf projektspezifischen Annahmen im Rahmen der Projektes „PV follows function“ beruhen und weder eine Aussage zu einer Genehmigungsfähigkeit, noch eine Aussage zur technisch-ökonomischen Machbarkeit eines Projektes im Rahmen der Ausschreibung des luxemburgischen Ministeriums erlauben.

 

Fazit

Das technische und wirtschaftlich erschließbare Potenzial an BIPV und Agri-PV in der Großregion ist erheblich. Laut den Daten aus dem Geoportal der Großregion zur Entwicklung der erneuerbaren Energien wurde davon bislang nur ein sehr geringer Teil tatsächlich erschlossen: Die installierte PV-Kapazität zwischen 2016 und 2018 lag in der gesamten GR bei ca. 9,7 GW. Neuere Daten sind nicht verfügbar.

Im Rahmen des Projekts PV follows function geht es auch darum, die technisch möglichen Potenziale für die hier betrachteten Formen der Agri-PV (als bifaziale, senkrecht aufgestellte Module) und der BIPV zu berechnen. Da beide Formen der integrierten PV eine Doppelnutzung der jeweiligen Flächen möglich machen können, stand hier die Frage nach den technischen Potenzialen im Vordergrund, um aufzuzeigen, welchen bedeutenden Beitrag diese Technologie grundsätzlich maximal zur Erreichung einer ressourcen- und flächenschonenden Energiewende liefern könnte.

Das errechnete technische Potenzial an PV-Leistung beläuft sich für die Agri-PV und die BIPV auf rund 184 GW.

Das Projekt PV follows function zeigt dabei Potenziale auf, die nach Ansicht des Projektkonsortiums wert wären, gehoben zu werden, weil sie eine Doppelnutzung von Flächen erlauben. Dadurch werden durch PV-Anlagen belegte Agrarflächen nicht der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen, sondern erhöhen vielmehr deren Ertrag um die dort erzeugte Strommenge. Auch die Gebäudehülle könnte durch eine Integration von PV-Modulen zur Stromerzeugung aktiviert werden. Derzeit werden fast nur Dachflächen in dieser Weise genutzt und dies auch nicht im tatsächlich möglichen Ausmaß.

In der Großregion stehen allein für die Agri-PV rund 281.209 ha Land zur Verfügung, das sich derzeit bereits in der landwirtschaftlichen Nutzung befindet. Auf diesen Flächen könnten – aus heutiger Sicht - zusätzlich und ohne die Erschließung neuer Flächen für den PV-Ausbau rund 71.907 GWh Strom mittels vertikaler, bifazialer PV pro Jahr erzeugt werden.

Ob und in welchem Maß dieses sehr große Potenzial tatsächlich erschlossen wird, hängt entscheidend von den künftigen politischen und energiewirtschaftlichen Weichenstellungen ab. Der Rahmen für einen beschleunigten Ausbau von EE wurde auf europäischer Ebene bereits gesetzt: Um diese in den Bereichen Stromerzeugung, Industrie, Gebäude und Verkehr voranzubringen, schlägt die EU-Kommission vor, das Ziel für EE bis 2030 auf 45 % zu erhöhen. Damit würde sich die Gesamtkapazität der erneuerbaren Energien bis 2030 auf 1.236 GW erhöhen, gegenüber 1.067 GW bis 2030, die im Vorschlag von 2021 vorgesehen waren. Um den Einsatz erneuerbarer Energien weiter zu beschleunigen, hat die Kommission außerdem eine Empfehlung zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für Projekte zur Nutzung erneuerbarer Energien und zur Erleichterung von Stromabnahmeverträgen angenommen.

 

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